Benediktshof Münster

Der Schatten Dürckheims

In unserer Arbeit am Benediktshof beziehen wir uns auf die „Initiatische Therapie“, von deren Urheber Karlfried Graf Dürckheim (1896-1988) inzwischen bekannt ist, dass er schon früh einer völkischen Gesinnung anhing und ab Ende der Dreißigerjahre des 20. Jahrhunderts in Japan aktiv Propaganda für das NS-Regime betrieben hat.

2014 wurde durch die Veröffentlichung „SS und Samurai“ von Hans-Joachim Bieber der gesamte Umfang seiner Aktivitäten im Sinne des Nationalsozialismus bekannt.

Die initiatische Therapie wurde von Dürckheim und Hippius nach Ende des Zweiten Weltkriegs entwickelt und kann als Wandlung Dürckheims verstanden werden; gleichwohl hat er sich zu Lebzeiten nie explizit zu seiner früheren Gesinnung geäußert und von ihr distanziert. Das war für alle, die sich auf seine Arbeit beziehen, ein großer Schock. Auf das Licht, das den charismatischen Lehrer umgeben hatte, fiel ein langer und tiefschwarzer Schatten. Darum wissen wir, und damit mussten und müssen wir uns auseinandersetzen und tun dies auch weiter.

Der Benediktshof wurde 1986 gegründet. Die Gründer P. Ludolf Hüsing OSB, Theologe und Pastoralpsychologe, und Christoph Gerling, Kunsttherapeut und Psychotherapeut (HP), hatten zuvor eine Ausbildung in der von Karlfried Graf Dürckheim und seiner Frau Maria Hippius aufgebauten und geleiteten „Existenzialpsychologischen Bildungsstätte Rütte“ im Schwarzwald gemacht und ihre Methoden als zutiefst heilsam erfahren.

In den fast 40 Jahren seit der Gründung haben sowohl die Gründer:innen als auch weitere Mitarbeiter:innen diesen Ansatz und die eingesetzten Methoden und Medien weiterentwickelt.

Wir arbeiten also auf der Grundlage der initiatischen Therapie, die wir als zutiefst heilsam und menschenfreundlich erleben, auf unsere eigene Art weiter.

Wir distanzieren uns dabei ausdrücklich von den nationalsozialistischen Aktivitäten Graf Dürckheims und seinem späteren Umgang damit, dem Leugnen durch Verschweigen.

Wir erkennen weiterhin das Menschenbild der Initiatischen Therapie als für uns gültig an: Die Suche jedes einzelnen nach dem geheimen Wesenskern, der sich in dieser Welt verwirklichen möchte. Und wir sind tief verwurzelt im christlichen Glauben, der die Gotteskindschaft jedes einzelnen Menschen anerkennt.

Am Benediktshof ist kein Platz für jedwede menschenverachtende, rassistische oder rechtsextreme Ideologie.

Literatur:

Hans-Joachim Bieber: SS und Samurai. Deutsch-japanische Kulturbeziehungen 1933–1945.- München (iudicium Verlag) 2014.
Pieter Loomans (Hg.): Licht und Schatten der Meister. Karlfried Graf Dürckheims Propagandatätigkeit und C.G. Jungs Thesen in der NS-Zeit.- Gießen (Psychosozial-Verlag) 2020.